Dienstag, 26. Mai 2009

Reisen in die Vergangenheit: Ein Widerspruch zur menschlichen Logik?

In den vorigen Blogeinträgen wurde versucht zu schildern, dass Zeitreisen vom physikalischen Standpunkt aus gesehen zwar äußerst unwahrscheinlich aber durchaus möglich sind. Es gibt dutzend verschiedene Ansichten über das Thema Zeitreisen in der Literatur und nicht weniger Theorien in der Physik, darunter auch viele skurrile Phänomene, allen voran das vielleicht bekannteste Paradoxon der Zeitreise, das Großvaterparadoxon, welches einige Fragen aufwirft, welche ich nun an einem bekannten Beispiel aus dem Science-Fiction Genre beleuchten möchte.

Der sehr populäre 1984 entstandene Film Terminator ist ein äußerst vielschichtiger Film, auch wenn die Action nicht zu kurz kommt. Er beschäftigt sich mit vielen Thematiken: Künstlicher Intelligenz, Cyborgs, Zeitreisen, und Krieg.
Für unseren Blog ist der Film vor allem in Bezug auf das Großvaterparadoxon interessant. Da der Inhalt größtenteils bekannt sein dürfte, werde ich diesen hier nicht mehr näher ausführen. (Bei Interesse sei auf diese Inhaltsangabe unter vielen im Internet lesbaren hingewiesen)

Doch bevor hier näher auf den Film eingegangen wird, eine kurze Beschreibung des Großvater Paradoxons: „Ein Zeitreisender reist in die Vergangenheit, um seinen Großvater umzubringen, bevor dieser den Vater des Zeitreisenden zeugen kann, was dazu führt, dass der Zeitreisende niemals zur Welt kommt und daher keine Zeitreisen unternehmen kann“ (Wüthrich 2007, S.192).

Was würde dies nun für den Film Terminator bedeuten? Theoretisch war es von Anfang an unmöglich, dass der Terminator Sarah Connor umbringt. Falls die Maschine ihren mörderischen Auftrag ausführen kann, wird John, der Sohn Sarahs, niemals geboren, was bedeuten würde, dass er die Menschen nicht anführen hätte können. Dies wiederum bedeutet, dass Sky-Net, die künstliche Intelligenz, die den Terminator zurückgeschickt hat, kaum eine Zeitmaschine erfunden hätte, da seine Existenz ja nicht mehr bedroht wäre. Bis jetzt klingt es noch nach einem Sieg der Maschinen, da sie ihr Ziel erreicht hätten. Falls Sky-Net aber keine Zeitreisen unternimmt, wird nichts Johns Geburt und dessen Aufstieg zum Anführer der Menschen verhindern.
Soweit dazu. Erschwerend kommt nun allerdings hinzu, dass der Grund für Johns Geburt paradoxerweise der misslungene Versuch war, ihn zu töten. Da der Terminator in die Vergangenheit reist, reist auch Reese - welcher Sarah beschützen soll - in die Vergangenheit, verliebt sich in sie und zeugt mit ihr auf diese Weise erst den Anführer des Widerstandes, John. Hätten die Maschinen also nicht den Versuch unternommen, dessen Geburt zu verhindern, dann wäre er gar nie geboren worden.
Der Erfolg des Unternehmes John Connors Tod durch den Terminator herbeizuführen, hat also schon von Anfang an scheitern müssen… doch was wäre wenn es doch geglückt wäre? Würde das Raumzeit-Gefüge aus der Bahn geraten und alles Leben auslöschen? Da Zeitreisen ein beliebtes Thema für Science-Fiction-AutorInnen ist, gibt es auch für das Großvaterparadoxon verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Zum Beispiel hätte sich der Terminator anstatt in die Vergangenheit in ein Paralleluniversum bewegt, was bedeuten würde, dass er nur den Geschichtsverlauf dieser Parallelvergangenheit ändern würde und nicht den der „primären“ Realität. Heute wird diese Variante sogar von manchen Physikern aus unterschiedlichen Gründen ernst genommen. (Vgl. Al-Khalili 2001, S. 233) Auch die Version, in der ein Riss im Raumzeit-Gefüge entsteht wurde von Science-Fiction-AutorInnen behandelt. Ein äußerst spannender Film zu diesem Thema ist Donnie Darko, der in einem folgenden Blog-Eintrag noch genauer behandelt wird.
Aber was bedeutet nun diese Erkenntnisse über das Großvaterparadoxon für die Thematik der Zeitreisen? Eines ist sicher: Dieses Paradoxon schließt Zeitreisen nicht aus. Wir könnten trotzdem theoretisch in die Vergangenheit reisen, nur könnten wir dort nichts tun was nicht schon beim ersten Mal getan haben. Wir könnten also nie zurückreisen um zum Beispiel die Ermordung von J.F. Kennedy zu verhindern. Wenn einer von uns heute zurückreisen würde in die Vergangenheit, um einen Test doch noch zu bestehen, dann ist von vornherein klar, dass man scheitern muss, sonst hätte schon beim ersten Durchleben das eigene Ich aus der Zukunft kommen müssen um sich selbst zu helfen.
Ein weiteres Beispiel für die Möglichkeit, in frühere Zeiten zurückzukehren und in unsere eigene Vergangenheit einzugreifen, wird in der Filmreihe Zurück in die Zukunft behandelt. Zuerst ereignen sich Ereignisse, die sich keiner erklären kann und später stellt sich heraus, dass diese Ereignisse von den Personen, die in die Vergangenheit gereist sind, ausgelöst wurden.
Ein Eingreifen in die Vergangenheit würde also die Geschehnisse, die unsere Gegenwart ausmachen, erst initiieren. Eine tatsächliche Veränderung ist also nicht möglich; es bleibt also bloß der Gedanke, dass ohnehin jemand aus der Zukunft hätte kommen müssen, um die Gegenwart, so wie ist, erst ermöglicht zu haben. Die Ermordung JFKs könnte so nie verhindert werden. Viel eher wäre es der Fall, dass er durch das Eingreifen eines Zeitreisenden erst umgekommen ist.


Wüthrich, Christian: Zeitreisen und Zeitmaschinen, in: Thomas Müller, Philosophie der Zeit: Neue Analytische Ansätze, Frankfurt: Klostermann 2007, S. 191-219.

Al-Khalili, Jim, Schwarze Löcher, Wurmlöcher und Zeitmaschinen, Aus dem Engl. Übers. von Heiner Must. Heidelberg [u.a.]: Spektrum, Akad. Verl., 2001.

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