Montag, 29. Juni 2009

Was kümmert mich mein Ich von morgen!

Ich möchte mich anhand zweier Sience Fiction Autoren dem sehr breitgefächerten und vielfältigen Begriff der Zeitreise nähern und mit jeweils zwei Geschichten von Stanislaw Lem und Phillip K. Dick die Unterschiede und Möglichkeiten dieser Materie feststellen.


Paycheck und Simulacra von PKD sind gute Beispiele, die Erzählweise und Handlungsstränge seiner Protagonisten zu erläutern. In beiden Werken spielt auch die Reise durch die Zeit eine wesentliche Rolle.


So kämpfen in Simulacra die Hauptpersonen mit dem anbahnenden Ende einer Herrschaftsform und einem zum Schluss hin ausgebrochenen Bürgerkrieg, die mit Hilfe der Lessinger-Zeitmaschine von der Regierung versucht wird zu verhindern. Die Antagonisten wiederum nutzen diesen Apparat um selbiges voran zu treiben. Wie genau die Lessinger-Maschine funktioniert, wird im Buch nicht erläutert.


Die oft komplexen und undurchsichtigen Strukturen mancher Charaktere in diesem Roman bleiben, wie für PKD üblich, bis zum Ende offen oder ungewiss.


Bei seiner Kurzgeschichte und dessen Verfilmung Paycheck haben Firmen und Regierung einen ebenso zentralen Stellenwert in seiner Erzählung. Vor allem im Film scheint das Vorhandensein einer Zeitmaschine das Ende der Welt zu bedeuten und die einzige Möglichkeit sich dieser zu entziehen ist die Maschine zu zerstören.


Wie man hier herauslesen kann, haben beide Geschichten von PKD einen starken Hang zum Dramatischen und sind nicht nur für einzelne Personen, sondern für ganze Staaten bzw. Unionen existenzbedrohend. Das mag auch der Grund sein warum sich Hollywood schon so oft daran geschickt hat seine Geschichten zu verfilmen.


Stanislaw Lem dagegen war in dieser Hinsicht ein eher gemäßigter Autor und weniger darum bemüht die Welt oder den Mars vom Untergang zu retten. Seine Werke handeln oft von einsamen Kosmonauten die mit ihren Raumschiffen alleine durch das All fliegen, deren Schicksale fast nie im Zusammenhang mit ganzen Planeten stehen. Die Probleme der Hauptfiguren sind oft viel irdischer obwohl sie viel weiter weg von der Erde handeln, als bei den meisten PKD-Erzählungen.


So ist es zum Beispiel in den Sterntagebüchern von Kosmonaut Ijon Tichys, dessen Raumschiff in seiner siebten Reise von einem kleinen Meteor getroffen wird, der die Steuerung zerstört. Um es zu reparieren bräuchte er einen zweiten Gefährten jedoch ist er leider alleine unterwegs und hat nur einen Raumanzug. Als Tichys Raumschiff steuerungslos in einen Gravitationsstrudel gerät der Zeitüberschneidungen erzeugt, trifft Tichy sich selbst aus der Vergangenheit und Zukunft. So begegnet er im Zeitstrudel nicht nur dem Tichy von gestern, sondern auch jenem in 20 Jahren, die alle mit dem selben Dilemma zu kämpfen haben und er sich bei der Lösung selbst im Wege steht. Gerettet wird er durch zwei Kinderausgaben seiner selbst, die klein genug sind um beide in einen Raumanzug zu passen, sodass der eine sich im Raumschiff festhalten kann, während der andere es repariert.


Hier findet Zeitreise als eine Art Selbsterfahrung statt, die weniger mit technischen Mitteln erzeugt wird sondern durch die Launen des Weltalls zustande kommt.


Aber Lem hat sich wie kein anderer auch damit auseinander gesetzt, wie Zeitreise mit maschineller Hilfe ablaufen kann. Eine von mir favorisierte Geschichte ist „ Aus den Erinnerungen Ijon Tichys”.


Der selbe Charakter der zuvor noch im Weltall mit über 120-fachen Ausgaben seiner selbst zu kämpfen hatte, bekommt eines stürmischen Abends Besuch auf der Erde von einem Mann namens Molteris, der behauptet eine Zeitmaschine gebaut zu haben und Hilfe (genauer genommen Geld) von Tichy benötigt, um sein Werk zu vollenden. Da Tichy klarerweise skeptisch bleibt aber dem Mann trotzdem die Möglichkeit gibt seine Erfindung vorzuführen, versucht Molteris 30 Jahre lang in die Zukunft zu reisen und vergisst dabei völlig, dass auch sein Körper während diesen Versuchen altert und schlussendlich stirbt.


Lems Erzählungen waren nicht wirklich ein Magnet für Filmemacher aber sie sind ein humorvoller und sarkastischer Weg sich mit Zeitreisen zu befassen.


Dick hingegen hat in Simulacra eine Gesellschaftsstruktur geschaffen in der nur wenige Priviligierte die Möglichkeit hatten durch die Zeit zu reisen, dafür jedoch trotz der Zeitmaschine die Erfahrung machen mussten, dass über gewisse Dinge letzten Endes nur das Schicksal entscheidet.



In der Paycheck Verfilmung wollte sich die Firma Rethrick mit dem Bau einer Zeitmaschine nicht nur das Monopol dafür sichern sondern hätte mit dieser Kontrolle eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes ausgelöst. Die Schreibweise Dicks, manche Dinge nie wirklich konkretisieren zu wollen, ließ Hollywood sehr viele Möglichkeiten und Freiraum hier genügend Action-Szenen einzubauen.


Fazit:

Beide Autoren haben in diesem Genre sehr viel erreicht und sind mit ihren, wenn auch sehr unterschiedlichen Ansätzen, eine große Bereicherung für die Szene. Persönlich ziehe ich Stanislaw Lem vor, weil seine Geschichten meist bis auf das kleinste Detail hin ausgefeilt sind und man dabei das Gefühl bekommt, der Zukunft durch seine Bücher um einiges näher zu kommen, so weit sie auch sein mag.


Quellen:

Stanislaw Lem : Stentagebücher

Philip K. Dick : Simulacra

: Paycheck

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